FÜHREN UND WIRTSCHAFTEN OKTOBER 2022
Besser als jede Recruiting-Kampagne
Berlin - Was hat es in den vergangenen zwei Jahren nicht alles gegeben, um Pflegekräfte im Beruf zu halten und den Beruf attraktiver erscheinen zu lassen: Applaus. Pizza, Schokolade in Krankenhausmengen. Tarifsteigerungen. Coronabonus. Politiker, die während der Sommerpause Pflegekräften medienwirksam die Hand schütteln.
Nach dem Urlaub war die Erinnerung der Politiker an das Gehörte ebenso schnell verblichen wie die Sommerbräune, was man an den Gesetzen sehen konnte: Das Pflegebudget reicht vorne und hinten nicht, immer neue Vorgaben machen die Beruf nicht interessanter, sondern schrecken den Nachwuchs ab. Ausländische Pflegekräfte schütteln die Kopf und wundern sich, warum vieles in Deutschland kompliziert und am Bedarf vorbei organisiert ist.
Und dann diese Pflegekampagnen. Jeder Landrat, der etwas auf sich hält, hat mittlerweile eine. Vorbei sind die Zeiten, wo man sich als Landrat auch unter widrigsten Umständen ein Schwimmbad oder ein Krankenhaus gönnte. Jetzt präsentiert man in der lokalen Pflegekampagne, „wie wir den Pflegeberuf attraktiv machen“ - deren Denken allerdings nur bis zur Landkreisgrenze reicht. Nein, zusammen wolle man nichts machen. Klar, denn sonst gibt es ja auch keine Fördergelder für den einzelnen Landkreis…
Ergänzend werden auf Instagram Bilderwelten produziert, die die Berufswahl des Nachwuchses im Rahmen dieser Kampagnen beeinflussen sollen. Das sind jedoch nur Feigenblätter für die politische Ideenlosigkeit. Auf Kosten des Steuerzahlers.
Wo erfährt der Nachwuchs denn, wie viel einem ein Tag mit Menschen trotz aller Anstrengung auch zurückgeben kann? Vor Ort. Bei uns in den (Reha-)Kliniken. Ein Viertel unserer FSJler entscheidet sich nach den zwölf Monaten in unseren Einrichtungen für einen Beruf im sozialen Bereich. Was also hilft gegen das Desinteresse am Pflegeberuf? Mehr FSJler in die Kliniken! Als Vater von fünf Kindern kann ich mit Überzeugung sagen: Man verliert im FSJ keine Zeit, man gewinnt Lebenserfahrung und Einsicht in vieles, was an den Schulen nicht gelehrt wird. Warum nicht ein verpflichtendes soziales Jahr? Denn die wenigen Tage Sozialpraktikum im Rahmen des Unterrichtes reichen nicht, um den Funken zu zünden. Nach einem Jahr im Klinikalltag wissen unsere FSJler: ja, ich werde gebraucht. Ja, ich kann etwas, darauf gibt es keine Noten, aber viel Dankbarkeit. Nein, es geht nicht um billige Arbeitskräfte. Es geht darum, in einer immer theoretischer agierenden Gesellschaft praktisch Interesse zu wecken!
Und was die Freiwilligkeit betrifft? Natürlich sind Pflichten generell unpopulär. Aber sie sind ein sinnvolles Element der Erziehung und Ausbildung Heranwachsender. Das schätzen auch die meisten Eltern. Schließlich: Ausbildung in Deutschland, zumal an Hochschulen und Universitäten, ist kostenlos. Da kann man der Gesellschaft in einem verpflichtenden sozialen Jahr durchaus etwas zurückgeben.
Artikel aus: Führen und Wirtschaften vom 1.10.2022.
Und dann diese Pflegekampagnen. Jeder Landrat, der etwas auf sich hält, hat mittlerweile eine. Vorbei sind die Zeiten, wo man sich als Landrat auch unter widrigsten Umständen ein Schwimmbad oder ein Krankenhaus gönnte. Jetzt präsentiert man in der lokalen Pflegekampagne, „wie wir den Pflegeberuf attraktiv machen“ - deren Denken allerdings nur bis zur Landkreisgrenze reicht. Nein, zusammen wolle man nichts machen. Klar, denn sonst gibt es ja auch keine Fördergelder für den einzelnen Landkreis…
Ergänzend werden auf Instagram Bilderwelten produziert, die die Berufswahl des Nachwuchses im Rahmen dieser Kampagnen beeinflussen sollen. Das sind jedoch nur Feigenblätter für die politische Ideenlosigkeit. Auf Kosten des Steuerzahlers.
Wo erfährt der Nachwuchs denn, wie viel einem ein Tag mit Menschen trotz aller Anstrengung auch zurückgeben kann? Vor Ort. Bei uns in den (Reha-)Kliniken. Ein Viertel unserer FSJler entscheidet sich nach den zwölf Monaten in unseren Einrichtungen für einen Beruf im sozialen Bereich. Was also hilft gegen das Desinteresse am Pflegeberuf? Mehr FSJler in die Kliniken! Als Vater von fünf Kindern kann ich mit Überzeugung sagen: Man verliert im FSJ keine Zeit, man gewinnt Lebenserfahrung und Einsicht in vieles, was an den Schulen nicht gelehrt wird. Warum nicht ein verpflichtendes soziales Jahr? Denn die wenigen Tage Sozialpraktikum im Rahmen des Unterrichtes reichen nicht, um den Funken zu zünden. Nach einem Jahr im Klinikalltag wissen unsere FSJler: ja, ich werde gebraucht. Ja, ich kann etwas, darauf gibt es keine Noten, aber viel Dankbarkeit. Nein, es geht nicht um billige Arbeitskräfte. Es geht darum, in einer immer theoretischer agierenden Gesellschaft praktisch Interesse zu wecken!
Und was die Freiwilligkeit betrifft? Natürlich sind Pflichten generell unpopulär. Aber sie sind ein sinnvolles Element der Erziehung und Ausbildung Heranwachsender. Das schätzen auch die meisten Eltern. Schließlich: Ausbildung in Deutschland, zumal an Hochschulen und Universitäten, ist kostenlos. Da kann man der Gesellschaft in einem verpflichtenden sozialen Jahr durchaus etwas zurückgeben.
Artikel aus: Führen und Wirtschaften vom 1.10.2022.
Veröffentlicht am: 01.10.2022 / News-Bereich: News vom Träger