Waldburg-Zeil Kliniken
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PATIENTEN RECHTZEITIG IN FACHZENTREN WEITERVERMITTELN

Im Zusammenhang mit der Privent-Studie tauschen sich Experten in Wangen über Beatmungsentwöhnung aus

Wangen - Kürzlich fand in den Fachkliniken Wangen der „WeaningTag“ der Waldburg-Zeil Klinik statt. Als Teilnehmer an der „Privent“-Studie über Beatmungsentwöhnung hatten Wangener Beatmungsspezialisten über 80 Kolleginnen und Kollegen, Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte eingeladen, um darüber zu diskutieren, wie Langzeitbeatmung durch frühzeitiges Erkennen von Risikopatienten und gezielten Interventionen vermieden werden kann.
Die Fachkliniken Wangen sind das größte DGP-zertifizierte Weaningzentrum in Baden-Württemberg und haben im Laufe der letzten mehr als 20 Jahre breite Erfahrung bei der Entwöhnung von weit über 2000 Beatmungspatienten gesammelt. Anlässlich des WeaningTages tauschten sich Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten über praxisrelevante Themen aus.   
  
In einem Workshop erläuterte der Leiter der Atmungstherapie Patrick Gehrig, Fachkliniken Wangen, am Vormittag Empfehlungen zur Langzeitsauerstoffversorgung und stellte verschiedene Systeme vor. Beim Workshop Airwaymanagement verdeutlichten praktischer Übungen unter der Leitung von Atmungstherapeut Joachim Sugg den richtigen Einsatz von der Trachealkanüle bis zum Platzhalter.   
  
 

Fachvorträge ergänzten praxisnahe Workshops

 
Am Nachmittag ging es um verschiedene Aspekte der Beatmung und Entwöhnung. 
Dr. Armin Schneider gab nach der gemeinsamen Begrüßung mit Klinikdirektor Dr. Quirin Schlott eine Übersicht zu Inhalten und aktuellem Stand der Privent-Studie.  
  
Dr. Christoph Andritschky , Oberarzt und Leiter der pneumologischen Intensivstation der Fachkliniken Wangen, thematisierte seine Erfahrungen aus der Beatmungsentwöhnung. Eine erfolgreiche Entwöhnung von der Beatmung basiere auf dem Zusammenspiel vieler Fachrichtungen und Berufsgruppen. Nur durch ein stetiges Miteinander sei letztlich das Ziel der Entwöhnung zu erreichen. Aus der Vielzahl an beinflussbaren Faktoren legte er in seinem Vortrag den Fokus auf ein sensibles Management der Sedierung sowie der Behandlung von Schmerzzuständen, eine aufmerksame Beobachtung von Säure-Basen-Haushalt sowie Elektrolyten und der Ernährungssituation des Patienten. In einem interdisziplinär arbeitenden Team käme es darauf an, jahrelange Erfahrung und zeitgemäße Intensivmedizin zu kombinieren. Neben dem richtigen Beatmungsverfahren müsse stets individuell die zu Grunde liegende Erkrankung erkannt und effizient therapiert werden. Atmen werde zu einem großen Teil durch Muskeln ermöglicht, werden diese mit der entsprechenden Expertise richtig trainiert, können sie ihre Arbeit wieder im gewohnten Umfang aufnehme  
  
 

Einer Verwirrtheit der Patienten rechtzeitig vorbeugen

 
Über Delirprävention und –therapie aus pflegerischer Sicht sprach Lucas Schliz, MScN. Der Pflegewissenschaftler verantwortet das Innovationsmanagement und die Organisationsentwicklung in der Pflege an den Fachkliniken Wangen. Erleiden Patienten im Krankenhaus ein Delir - einen gefährlichen Verwirrtheitszustand, eventuell mit Halluzinationen -, steigt das Risiko zu sterben deutlich. Auch die Kosten, die für einen Patient mit Delir anfallen, sind viel höher als für Patienten ohne Delir. In das zertifizierte Weaningzentrum an den Fachkliniken Wangen werden Patienten anderer Krankenhäuser zur Beatmungsentwöhnung verlegt. Bei sechs bis acht von zehn dieser schwer kranken und bereits länger künstlich beatmeten Patienten – die oft Wochen im Krankenhaus liegen – tritt ein so genanntes Delir auf oder liegt schon vor. Gut geschultes Personal, modernes Licht- und Geräuschmanagement und ein ausgeglichener Schlaf-Wach-Rhythmus tragen dazu bei, dass Patienten ihre Orientierung nicht verlieren oder schneller aus dem Delir zurückfinden. Dazu gehört auch die selbständige Atmung. Bei beatmeten Patienten seien deshalb Spontanatemversuche unter reduzierter Sedierung besonders wichtig, um einem Delir vorzubeugen. Wichtig sei, dass die Delir-Erkennung mittels eines validen Assessments erfolgt. Das sei die Voraussetzung für die Prävention und die Behandlung, so Schliz.  
  
Prof. Tobias Schmidt-Wilcke vom Neurologischen Zentrum am Bezirksklinikum Mainkofen ging in seinem Vortrag auf die Beatmung und das Sekretmanagement bei neurologischen Patienten ein.   
  
Auf Beatmungsmedizin im Kindesalter legte Dr. Carola Schön, Oberärztin und Leiterin der Intensivstation LMU Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital München, ihren Fokus.  
  
Dr. Armin Schneider, der die Privent-Studie an den Fachkliniken Wangen initiiert hat und leitet, zeigte sich mit der Veranstaltung sehr zufrieden. „Beatmungsmedizin ist hochkomplex. Viele Faktoren spielen eine Rolle“, erläuterte Dr. Schneider, der als früherer Chefarzt seit 2002 das Weaningzentrum an den Fachkliniken Wangen aufgebaut hat. Interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit bilden die Grundlage einer Beatmungsentwöhnung. Mit einer Stärkung der Weaningexpertise in den Kooperationskliniken und bei Bedarf Überweisung von Patienten in Weaningzentren – wie es das Anliegen von Privent sei - können mehr von Langzeitbeatmung bedrohte Risikopatienten vom Beatmungsgerät entwöhnt werden, so Schneider.   
  
Info Weaning
 
Sehr viele Menschen kommen im Verlauf ihres Lebens in die Situation, beatmet werden zu müssen – bei jeder OP in Vollnarkose. Der überwiegende Teil der Patientinnen und Patienten merkt davon jedoch nur ein leichtes Kratzen im Hals, da sie bereits von der Beatmung getrennt sind, wenn sie aus der Narkose erwachen. Ist eine Beatmung jedoch länger nötig, gewöhnt sich der Körper daran. Die Atemmuskulatur bildet sich zurück, sodass Menschen, die über einen langen Zeitraum beatmet werden, das Atmen regelrecht neu lernen und trainieren und von der Beatmung entwöhnt werden müssen. Dieser Prozess wird Weaning genannt und gelingt nicht bei allen Patienten gleich gut. Bestimmte Vorerkrankungen und Vorbedingungen erschweren das Weaning.  
  
Vom so genannten “Prolongierten Weaning“ spricht man erst nach mindestens drei erfolglosen so genannten Spontanatmungsversuchen oder einer Beatmung, die länger als sieben Tage nach dem ersten erfolglosen Versuch, selbständig zu atmen, notwendig wurde.  
  
  
  
Bildunterschrift: Mit Vorträgen aus den Fachbereichen Anästhesie, Pneumologie, Neurologie und Pädiatrie sowie praxisnahen Workshops bot der Weaning-Tag an den Fachkliniken Wangen ein breites Fortbildungsspektrum für Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte. Der Austausch aller Beteiligten ist Teil der Privent-Studie. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, die Zahl der Menschen deutlich verringern, die dauerhaft beatmet müssen.  
  
Mehr als 2000 Patienten wurden am zertifizierten Weaningzentrum der Fachkliniken Wangen bereits behandelt. Ein Team aus Pneumologen, Anästhesisten, Intensivmedizinern, Neurologen, speziell geschulten Pflegekräften, Logopäden, Physio- und Atmungstherapeuten hilft den Patienten, zurück zu einer selbstbestimmten Atmung zu finden. 
Veröffentlicht am: 18.05.2023  /  News-Bereich: News vom Träger
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